Kartellgesetz-Revision: Es droht Rechtsunsicherheit
Der Ständerat hat heute die letzten Differenzen bei der Kartellgesetz-Revision bereinigt. KMU- und Konsumentenverbände konnten gravierende Aufweichungen verhindern. Insbesondere die Errungenschaften der Fair-Preis-Initiative bleiben unangetastet.
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Der Ständerat ist heute bei den verbliebenen Differenzen in der Kartellgesetz-Revision dem Nationalrat gefolgt. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Bis zum Schluss umstritten war die Frage, wie die Erheblichkeit von Wettbewerbsabreden bestimmt werden soll. Das Parlament hat nun entschieden, dass die Wettbewerbskommission künftig nicht nur die Existenz eines Kartells beweisen, sondern auch sogenannte «quantitative Elemente» prüfen muss. Gemeint sind damit vor allem Marktanteile. Unternehmen mit kleinen Marktanteilen haben so bei Abreden tendenziell weniger zu befürchten als solche mit grossen. Allerdings wurde die Bestimmung in der Debatte bereits stark relativiert. Bei schwerwiegenden Abreden, dazu gehören Preis-, Mengen- und Gebietsabreden von Unternehmen der gleichen Marktstufe sowie vertikale Abreden zwischen Herstellern und Händlern über Preise und Gebiete, könne die quantitative Prüfung «auf das absolute Minimum beschränkt werden». Klar ist einzig, dass mit der neuen Bestimmung Vieles unklar wird: «Aufgrund der allgemein gehaltenen Bestimmung sind Streitigkeiten um die Auslegung vorprogrammiert. Die Folgen sind lange Verfahren und Rechtsunsicherheit – genau das Gegenteil von dem, was man mit dieser Revision erreichen wollte», sagt Severin Hohler, Leiter Politik und Wirtschaft bei GastroSuisse.
Gravierende Aufweichung verhindert
GastroSuisse, HotellerieSuisse und weitere Gewerbeverbände sowie Konsumenten-Organisationen (Konsumentenschutz, FRC, ACSI) hatten sich bei der Frage der Erheblichkeit vergeblich dafür eingesetzt, beim geltenden Recht zu bleiben. Immerhin ist es ihnen gelungen, noch weitergehende Abschwächungen des Kartellgesetzes zu verhindern. So wollten exportorientierte und international tätige Wirtschaftsverbände Unternehmen nur sanktionieren, wenn sich deren Abreden auch tatsächlich negativ auf den Markt ausgewirkt hätten. «Die Wettbewerbsbehörden hätten erst einschreiten können, wenn ein etabliertes Kartell bereits Schäden verursacht hat – die Planung oder die nicht erfolgreiche Umsetzung eines Kartells wären straffrei geblieben. Das wäre sicher nicht im Sinne von Schweizer KMU gewesen. Diese sind auf einen funktionierenden Wettbewerb und gute Einkaufskonditionen angewiesen», betont Christophe Hans, Leiter Public Affairs bei HotellerieSuisse.
Errungenschaften der Fair-Preis-Initiative nicht gefährdet
Neben der Erheblichkeit von horizontalen und vertikalen Kartellen wollten Wirtschaftsverbände auch die Regeln für marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen aufweichen. Auch dort konnten die erwähnten Konsumenten- und KMU-Verbände, die die «Fair-Preis Initiative» lanciert hatten, die schwerwiegendsten Änderungen verhindern. Das Parlament beschloss eine geringfügige Änderung, die lediglich das jüngste Urteil des Bundesgerichtes im Fall Vifor Pharma bestätigte. Damit dürften die Errungenschaften der Fair-Preis-Initiative nicht gefährdet sein: Seit 2022 können sich Unternehmen gegen missbräuchlich überhöhte Preise von Lieferanten wehren, von denen sie abhängig sind. So verurteilte die WEKO im Herbst 2024 den französischen Grossverlag Madrigal die Verkaufspreise für Bücher gegenüber dem Schweizer Buchhändler Payot zu senken. Ausserdem hat die Migros – gestützt auf diese Bestimmung – den Nivea-Hersteller Beiersdorf wegen missbräuchlich überhöhter Preise bei der WEKO angezeigt. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. «Die Wettbewerbsbehörden können auch künftig gegen relativ marktmächtige Unternehmen vorgehen, die missbräuchlich hohe Preise von Schweizer Unternehmen verlangen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Kaufkraft der Bevölkerung», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes.